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30. April 2023

Die Leistungen der neuen KI-Sprachmodelle, engl. Large Language Models (LLMs), sind höchst beeindruckend. Viele sprechen zu Recht vom Beginn einer neuen Ära. Um das festzustellen, braucht man keine exotischen Prompts wie „erstelle einen Zeichentrickfilm mit meinen Kindern in einer in Öl gemalten Welt mit sprechenden Katzen, die ein Abenteuer erleben“ (vgl. J. Lanier in einem Artikel in der Zeitschrift The New Yorker vom 20. April 2023).

ChatGPT und seine Nachfolgemodelle gehen in verschiedener Hinsicht über bisherige Tools hinaus: Zum einen bietet das System zahlreiche Anwendungen, die sich auch im Unterricht sinnvoll nutzen lassen, z. B. Beantwortung von Fragen, Erstellung von Gliederungen, Textproduktion, Zusammenfassungen, Übersetzungen sowie das Erstellen von Übungsmaterialien. Zum anderen können die User mit dem Tool schriftlich und mündlich in Gedankenaustausch treten, und zwar in einer Form, die nicht nur menschlicher Kommunikation angemessen ist, sondern sogar persönliche Eigenheiten berücksichtigt. Da die neuen Chatbots mit Hilfe einer unermesslichen Fülle von Daten trainiert werden, antworten sie auf den gleichen Prompt von einem Tag zum nächsten in abgewandelter Form. So eröffnen sich dem User gewisse Wahlmöglichkeiten. 

Natürlich sind solche Tools keineswegs vollkommen. Darauf weist OpenAI, der Hersteller des ChatGPT und zahlreicher weiterer Sprachmodelle, ausdrücklich hin. Aufgrund der zugrundeliegenden Daten kann es zu Verzerrungen und Diffamierungen bestimmter Gruppen von Menschen kommen. Deshalb sollte man alle Ergebnisse und Vorschläge von Chatbots sorgfältig überprüfen.

Aus meiner Sicht besteht das Problem für Lehrpersonen und ihre Lernenden beispielsweise darin, dass einzelne Schülerinnen und Schüler sich die Hausaufgaben oder Referate von einem Chatbot erstellen lassen. Wie man solchen Täuschungsversuchen begegnen und wie man die Tools zielführend im Unterricht nutzen kann, werde ich in zwei Publikationen (Beltz und Klett Kallmeyer) anhand von Unterrichtsbeispielen zeigen. Die weit größere Gefahr besteht darin, dass sich um Chatbots wie die GPT-Modelle völlig unangemessene Mythen ranken. KI-Sprachmodelle sind ohne Zweifel sehr leistungsfähige Tools, aber keine Kreaturen. Sie sind von Menschen gemacht und beruhen auf mathematischen Operationen. Sie werden trotz der zu erwartenden Fortschritte niemals über Intelligenz in menschlicher Ausprägung, über Bewusstsein oder über Empathie verfügen, um nur einige Eigenschaften zu nennen, die unser Menschsein ausmachen. Das muss die Begeisterung über ihre Leistungsfähigkeit nicht schmälern, im Gegenteil!