TEACHERSUPPORT

Ziele meines Blogs: 
Ich möchte Lehrerinnen und Lehrer (und solche, die es werden wollen) bei der täglichen Arbeit im Unterricht unterstützen, damit Schülerinnen und Schüler bessere Lernergebnisse erzielen.

Meine vierzehntägigen Posts beschäftigen sich in nächster Zeit mit den Themen Feedback, Intuition im Unterricht sowie mit digitalisiertem Lehren und Lernen, insbesondere mit KI-Sprachmodellen wie ChatGPT.

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30. Mai 2023

Ein unbestreitbarer Vorteil von Sprachenmodellen wie ChapGPT besteht darin, dass sie Schülerinnen und Schülern individuelle Rückmeldungen geben. Dieses Feedback folgt unmittelbar auf den entsprechenden Input. In jedem Fall sollten Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler mit diesen Vorzügen von ChatGPT und anderer KI-Sprachmodelle vertraut machen: Die oder der Lernende gibt einen eigenen Text, eine Gliederung oder auch die Idee für eine Kurzgeschichte ein und der Bot generiert nicht nur eine inhaltliche Rückmeldung, sondern beurteilt die Leistung und gibt Ratschläge, wie Lernende ihren Text oder ihr Vorhaben verbessern können. Das setzt passende Prompts voraus, die zunächst im Unterricht vorgestellt und erprobt werden können.

15. Mai 2023

Bisher wurden alle KI-Sprachmodelle hauptsächlich mit englischsprachigen Daten trainiert. Das hat dazu geführt, dass viele Generierungen eine deutlich westliche Sicht beinhalten, von Verzerrungen und Diffamierungen einzelner Volksgruppen ganz zu schweigen.

Das Training mit englischsprachigen Texten hat aber auch sein Gutes, und zwar besonders für Lehrende und Lernende des Englischen als Fremdsprache. So sind beispielsweise die englischen Texte, die ChatGPT generiert, deutlich besser als Texte auf Deutsch oder Französisch. Das wird sich jetzt ändern, denn es sollen auch Texte anderer Sprachen in größerem Umfang für das Training der Sprachmodelle herangezogen werden.

In jedem Fall: Die Vorgaben in englischer Sprache sind für Schülerinnen und Schüler richtungsweisend. Bei vielen Aufgabenstellungen können sie als Beispiele zur Orientierung dienen. Das gilt für die sprachliche Form. Alle Aussagen der Tools müssen – gleichgültig in welcher Sprache – hinsichtlich ihres Inhalts gründlich überprüft werden.  

30. April 2023

Die Leistungen der neuen KI-Sprachmodelle, engl. Large Language Models (LLMs), sind höchst beeindruckend. Viele sprechen zu Recht vom Beginn einer neuen Ära. Um das festzustellen, braucht man keine exotischen Prompts wie „erstelle einen Zeichentrickfilm mit meinen Kindern in einer in Öl gemalten Welt mit sprechenden Katzen, die ein Abenteuer erleben“ (vgl. J. Lanier in einem Artikel in der Zeitschrift The New Yorker vom 20. April 2023).

ChatGPT und seine Nachfolgemodelle gehen in verschiedener Hinsicht über bisherige Tools hinaus: Zum einen bietet das System zahlreiche Anwendungen, die sich auch im Unterricht sinnvoll nutzen lassen, z. B. Beantwortung von Fragen, Erstellung von Gliederungen, Textproduktion, Zusammenfassungen, Übersetzungen sowie das Erstellen von Übungsmaterialien. Zum anderen können die User mit dem Tool schriftlich und mündlich in Gedankenaustausch treten, und zwar in einer Form, die nicht nur menschlicher Kommunikation angemessen ist, sondern sogar persönliche Eigenheiten berücksichtigt. Da die neuen Chatbots mit Hilfe einer unermesslichen Fülle von Daten trainiert werden, antworten sie auf den gleichen Prompt von einem Tag zum nächsten in abgewandelter Form. So eröffnen sich dem User gewisse Wahlmöglichkeiten. 

Natürlich sind solche Tools keineswegs vollkommen. Darauf weist OpenAI, der Hersteller des ChatGPT und zahlreicher weiterer Sprachmodelle, ausdrücklich hin. Aufgrund der zugrundeliegenden Daten kann es zu Verzerrungen und Diffamierungen bestimmter Gruppen von Menschen kommen. Deshalb sollte man alle Ergebnisse und Vorschläge von Chatbots sorgfältig überprüfen.

Aus meiner Sicht besteht das Problem für Lehrpersonen und ihre Lernenden beispielsweise darin, dass einzelne Schülerinnen und Schüler sich die Hausaufgaben oder Referate von einem Chatbot erstellen lassen. Wie man solchen Täuschungsversuchen begegnen und wie man die Tools zielführend im Unterricht nutzen kann, werde ich in zwei Publikationen (Beltz und Klett Kallmeyer) anhand von Unterrichtsbeispielen zeigen. Die weit größere Gefahr besteht darin, dass sich um Chatbots wie die GPT-Modelle völlig unangemessene Mythen ranken. KI-Sprachmodelle sind ohne Zweifel sehr leistungsfähige Tools, aber keine Kreaturen. Sie sind von Menschen gemacht und beruhen auf mathematischen Operationen. Sie werden trotz der zu erwartenden Fortschritte niemals über Intelligenz in menschlicher Ausprägung, über Bewusstsein oder über Empathie verfügen, um nur einige Eigenschaften zu nennen, die unser Menschsein ausmachen. Das muss die Begeisterung über ihre Leistungsfähigkeit nicht schmälern, im Gegenteil!   

15. April 2023

In jedem Unterricht gibt es unvorhersehbare Situationen, in denen intuitives Vorgehen der Lehrperson und/oder der Schülerinnen und Schüler gefragt ist. Intuition – Daniel Kahneman spricht von schnellem Denken – ist nicht mit Instinkt oder Bauchgefühl gleichzusetzen. Überlegen Sie einmal, wann Sie zuletzt von der Unterrichtsplanung bzw. Ihrer Vorbereitung abweichen mussten, weil Sie in der fraglichen Situation, zum Beispiel wegen einer Unterrichtsstörung, keine Zeit hatten, lange zu überlegen. Die nachträgliche Reflexion, Kahnemans langsames Denken, wird Ihnen zeigen, dass Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrung für das eine oder andere Vorgehen entschieden haben, ohne sich dessen bewusst zu sein. In meinem Buch Intuition im Unterricht. Mit unvorhersehbaren Situationen souverän umgehen, welches Mitte September 2023 im Beltz-Verlag erscheint (vgl. Amazon.de), erfahren Sie hilfreiche Einzelheiten. Vor allem gebe ich unterrichtspraktische Empfehlungen für Lehrkräfte und Lernende, die allen Beteiligten unliebsame Erfahrungen ersparen können (siehe auch meinen Beitrag in der Zeitschrift Pädagogik in einem der nächsten Hefte).

31. März 2023

Wie können Schülerinnen und Schüler dazu ermuntert werden, der Lehrkraft eine Rückmeldung zu geben? Die folgenden Fragen haben sich als hilfreich erwiesen, wenn die Lernenden alternative Vorschläge für mögliche Lernziele machen sollen:

  • After the end of our teaching unit about stereotypes, what do you think could be our next learning intentions? Should we deal with friendship and love across cultures or should we read a short story that is based on stereotypes in an indirect way?
  • In our last unit we have learned how to create a poster. What can be our aims in the next weeks? Would it make sense to create a more sophisticated poster about visiting an interesting place in the United States or should we present our school to your exchange partners in the USA using an internet document?

(vgl. Feedback lernwirksam gestalten, S. 31) 

15. März 2023

Noten und ein gelegentliches „Gut gemacht“ sind keine ausreichende Rückmeldung für die Lernenden. Seit Jahrzehnten kennen wir die Unterscheidung in formatives und summatives Feedback, ohne sie hinreichend im Unterricht zu berücksichtigen. Summatives Feedback dominiert immer noch im Unterricht, während formatives Feedback nur gelegentlich genutzt wird. Letzteres ist aber besonders wichtig, denn es gibt den Schülerinnen und Schülern entscheidende Hinweise, wie sie (weiter)lernen können.

Ein Beispiel: Oft stehen ausgearbeitete Beispiele (worked examples) am Anfang einer Unterrichtseinheit. Sie sollen den Schülerinnen und Schülern verdeutlichen, wie sie vorgehen können. Damit sie das vorgegebene Beispiel nicht einfach kopieren, sollte es Gegenstand von Unterrichtsgesprächen sein. Dabei bieten sich folgende Fragen an:

  • Inwieweit ist das (ausgearbeitete) Beispiel für unser Thema relevant? Warum?
  • Welche Punkte stehen im Widerspruch zu unserer Aufgabe?
  • Welche Einzelheiten könntet ihr in veränderter Form übernehmen?
  • Was würdet ihr möglicherweise weglassen? Warum?
  • How is the example relevant to our task? Why?
  • What points are at odds with the task at hand?
  • What details would you take up and modify?
  • What would you possibly leave out? Why or why not?

(Weitere Einzelheiten finden Sie in meinen Publikationen: Feedback lernwirksam gestalten, S. 32 ff.; From Assessment to Feedback, p. 93 ff.)