VNL-Tagung: Lernwirksamer Unterricht – eine Analyse der wichtigsten Aspekte
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Fortbildung bei Ihnen war für mich sehr ersprießlich, denn selbst die (angehenden) Pensionärinnen und Pensionäre schauten während meines Plenarvortrags meistenteils interessiert drein.
Beim Plenarvortrag (Slides siehe unten) ging es um eine Einordnung neuerer Unterrichtsstrategien und -techniken in die durch die Publikationen von John Hattie in Gang gekommene Diskussion um empirisch-experimentelle Forschung. Trotz Kritik am Vorgehen des neuseeländischen Forschers hinsichtlich seiner Studie, ist sein Unterrichtsmodell aus meiner Sicht höchst beachtenswert.
Ich selbst habe auf dessen Grundlage und der anderer evidenzbasiert arbeitender Forscher ein detaillierteres Unterrichtsmodell MET (Model of Effektive Teaching; vgl. Link) erarbeitet. Im Unterschied zu den im Plenarvortrag (er wird in der VNL-Zeitschrift abgedruckt) genannten Wissenschaftlern erwarte ich nicht, dass dem MET in allen dreißig Schritten gefolgt wird, obgleich ich es mir wünschen würde. Bei meinen Ausführungen habe ich mich deshalb auf zwei Beispiele beschränkt, nämlich das „angeleitete Üben“ und das Reziproke Lernen.
Insgesamt geht es mir darum, Lehrpersonen anzuregen, die eigenen Positionen zu überdenken und liebgewonnene Gepflogenheiten aufzugeben, wenn sich bessere Unterrichtsverfahren aufgrund der Forschungsergebnisse anbieten. Zumindest sollte man sie erproben. Wie betont, hat für mich die Persönlichkeit und die Verantwortung der Lehrperson stets den Vorrang vor wissenschaftsbasierten Ergebnissen. In der evidenzbasierten Medizin schreibt auch niemand einem Arzt vor, was der denn zu tun habe, selbst wenn dort viel eindeutigere Ergebnisse vorliegen.
Im zweiteiligen Workshop habe ich das MET näher erläutert und einige Beispiele angeführt:
Beim Beispiel „Karikaturen interpretieren“ kam es darauf an, den wichtigsten Punkt des MET und anderer wissenschaftsorientierter Unterrichtsmodelle klar herauszustellen: Neuer Lernstoff sollte von der Lehrperson eingeführt werden. Sogenannte individualisierende Verfahren („Das können die Lernenden auch allein herausfinden“) haben sich nicht bewährt. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler kommen damit zwar zurecht; für Lernschwächere bedeuten solche Verfahren aber eine deutliche Benachteiligung. Für alle Schülerinnen und Schüler ist der zeitliche Aufwand beim selbstgesteuerten Erarbeiten neuer Lerninhalte einfach zu groß, selbst wenn sie damit zurechtkommen. Also bitte, keine „Osterhasenpädagogik“! Das MET hält nach der Darbietung des neuen Stoffes eine Fülle von Verfahren und Strategien bereit, bei denen die Lernenden mehr oder weniger auf sich selbst gestellt das Gelernte vertiefen, anwenden und erweitern können.
Ein weiteres Beispiel bezog sich auf ästhetisches Lernen (vgl. ausführliches Handout im Anhang) anhand eines Manga („Rotkäppchen“) aus Japan sowie der Darstellung eines ratlosen kleinen Mädchens eines chinesischen Malers mit dem Titel „No idea!“.
Darüber hinaus haben wir über verschiedene Vorkommnisse im Unterricht gesprochen, die sicher größere Bedeutung haben als empirisch-quantitativ ausgerichtete Methoden. In einigen Wochen – spätestens Anfang November 2015 – werde ich unter dem Titel „Hürdenlauf mit zusätzlichen Hindernissen“ einige Vorschläge zu deren Bewältigung in einem Link anfügen.
Ich wünsche Ihnen frohes Schaffen und bedanke mich für die Anregungen, die ich aus unseren Gesprächen mitnehmen konnte.
Cordiali saluti
Inez De Florio-Hansen
Lernwirksamer Unterricht - Analyse wichtiger Merkmale814.61 KB